3. Software­fi­nan­zierung Crowd­funding

Ok, fangen wir nochmal von vorn an. Ich möchte eine Social Media Plattform finan­zieren. Die Software dafür soll sowohl von einem Business-Netzwerk nach der Gemein­wohl­öko­nomie als auch eventuell von der Allge­meinheit z.B. durch einen gemein­nüt­zigen Verein genutzt werden. Wichtig dabei ist, dass die Software weder von den Spitzen der einen noch der anderen Organi­sation gekapert und rechts­wirksam übernommen werden werden kann. Mit welcher Organ­sa­ti­onsform kriege ich das in Europa hin

Geeignete Unter­neh­mensform

Das von dir angestrebte Modell erfordert eine sorgfältige Wahl der Organi­sa­ti­ons­struktur, da du eine Social Media Plattform entwi­ckeln möchtest, die sowohl von einem Business-Netzwerk nach Gemein­wohl­öko­nomie als auch von einer gemein­nüt­zigen Organi­sation (z.B. ein Verein) genutzt werden soll, wobei gleich­zeitig die Kontrolle über die Software verhindert werden soll. Es ist entscheidend, eine Struktur zu finden, die Trans­parenz, langfristige Nutzung und faire Kontrolle gewähr­leistet, ohne dass die Plattform von einer einzelnen Gruppe oder Organi­sation übernommen werden kann.

Hier sind einige mögliche Organi­sa­ti­ons­formen, die dieses Ziel in Europa unter­stützen könnten:

1. Genos­sen­schaft (Coope­rative)

  • Vorteile: Eine Genos­sen­schaft ist eine hervor­ra­gende Wahl, wenn du eine demokra­tische, kollektiv kontrol­lierte und gemein­schaftlich orien­tierte Struktur schaffen möchtest. Die Genos­sen­schaft gehört ihren Mitgliedern, und jedes Mitglied hat in der Regel eine Stimme, unabhängig von der Höhe der Einlage. Dies verhindert, dass die Kontrolle der Software in den Händen einer Einzel­person oder einer kleinen Gruppe konzen­triert wird.
  • Gemein­nützige Genos­sen­schaften: In vielen europäi­schen Ländern gibt es die Möglichkeit, Genos­sen­schaften als gemein­nützige Organi­sa­tionen zu führen, die soziale oder gemein­wohl­ori­en­tierte Zwecke verfolgen. Die Genos­sen­schaft könnte sich auf den Betrieb und die Weiter­ent­wicklung der Social Media Plattform konzen­trieren.
  • Schutz der Software: Die Software könnte im Besitz der Genos­sen­schaft bleiben, und die Genos­sen­schaft könnte eine Open-Source- oder Lizenz­re­gelung einführen, um die Übernahme durch Dritte zu verhindern. Es könnte zudem festgelegt werden, dass die Software nur im Einklang mit den gemein­wohl­ori­en­tierten Zielen genutzt wird.

Beispiel: In Deutschland gibt es Genos­sen­schaften, die auch einen sozialen oder gemein­nüt­zigen Zweck verfolgen, wie z.B. Wohnbau­ge­nos­sen­schaften oder solche, die in Bereichen wie Bildung und Gesundheit tätig sind.

2. Stiftung (Foundation)

  • Vorteile: Eine Stiftung ist eine recht­liche Struktur, die in der Regel von einem oder mehreren Gründern ins Leben gerufen wird, um bestimmte Ziele zu verfolgen. Der Vorteil einer Stiftung ist, dass sie eine langfristige, stabile Struktur für das Management der Plattform bietet. Die Kontrolle über die Software bleibt in den Händen der Stiftung, die als unabhängige juris­tische Person agiert.
  • Schutz der Software: Die Software könnte als Vermögen der Stiftung betrachtet werden, das nicht von externen Parteien übernommen oder verändert werden kann, da Stiftungen oft durch unver­än­derbare Satzungen geschützt sind. Das bedeutet, dass die Stiftung für die langfristige Entwicklung und Nutzung der Plattform verant­wortlich ist.
  • Gemein­nüt­ziger Status: Die Stiftung könnte als gemein­nützig anerkannt werden, was steuer­liche Vorteile bringt und Vertrauen bei der Öffent­lichkeit und den poten­zi­ellen Nutzern schafft.

Beispiel: In vielen europäi­schen Ländern gibt es Stiftungen, die im Bereich der Technik, Bildung oder sozialen Innovation tätig sind, wie z.B. die Wikimedia Foundation.

3. Gesell­schaft mit beschränkter Haftung (GmbH) / Societas Europaea (SE) mit spezi­ellen Gover­nance-Struk­turen

  • Vorteile: Eine GmbH oder eine SE ist eine gewerb­liche Gesell­schaftsform, die für die Entwicklung und den Betrieb der Social Media Plattform genutzt werden kann. Du kannst die Gover­nance-Struktur so gestalten, dass die Kontrolle nicht in den Händen einer einzelnen Partei liegt. Eine SE ermög­licht es dir, das Unter­nehmen europaweit tätig zu machen, und du könntest in der Satzung Regeln einführen, die eine Übernahme der Kontrolle verhindern, z.B. durch eine Mehrheits­be­tei­ligung, bei der die Gründer oder eine breitere Gruppe von Mitgliedern die Entschei­dungs­gewalt behält.
  • Schutz durch Gover­nance: Eine dualis­tische oder monis­tische Gover­nance-Struktur (Vorstand und Aufsichtsrat) könnte sicher­stellen, dass verschiedene Inter­es­sen­gruppen (wie das Business-Netzwerk und der gemein­nützige Verein) in den Entschei­dungs­prozess einbe­zogen werden und die Kontrolle nicht an eine Einzel­person oder Gruppe geht. Es kann auch ein Veto-Recht für bestimmte Gruppen einge­führt werden, um sicher­zu­stellen, dass die Grund­prin­zipien nicht durch eine Gruppe oder Organi­sation geändert werden können.

Beispiel: Das Modell einer SE bietet Flexi­bi­lität und erlaubt es, die Gesell­schaft mit mehreren Stake­holdern zu betreiben.

4. Open-Source-Projekt (unter einer Non-Profit-Organi­sation oder Genos­sen­schaft)

  • Vorteile: Eine Open-Source-Lizen­zierung der Software könnte sicher­stellen, dass die Software nicht von einer einzelnen Gruppe oder Organi­sation kontrol­liert werden kann. Du könntest ein Open-Source-Projekt starten, das von einer Non-Profit-Organi­sation oder einer Genos­sen­schaft verwaltet wird. Diese Organi­sation stellt sicher, dass die Software­ent­wicklung im Einklang mit den ursprüng­lichen Zielen des Projekts bleibt und fördert eine breite Betei­ligung und Trans­parenz.
  • Schutz der Kontrolle: Das Open-Source-Modell gibt Nutzern und Entwicklern die Möglichkeit, zur Weiter­ent­wicklung beizu­tragen, aber gleich­zeitig schützt eine Non-Profit-Organi­sation oder Genos­sen­schaft die Software vor einer kommer­zi­ellen Übernahme. Es könnten spezi­fische Lizenzen verwendet werden (wie die AGPL oder GPL), die eine kommer­zielle Nutzung oder Übernahme einschränken.

5. Hybrid­modell (Kombi­nation von Genos­sen­schaft und Stiftung)

  • Vorteile: Ein Hybrid­modell könnte eine Kombi­nation aus einer Stiftung (zur Sicher­stellung der gemein­nüt­zigen Ziele und der Kontrolle über die Software) und einer Genos­sen­schaft (für die Mitglieder, die die Plattform aktiv nutzen und weiter­ent­wi­ckeln) sein. Dieses Modell ermög­licht es, verschiedene Inter­es­sen­gruppen zu integrieren und gleich­zeitig die langfristige Kontrolle und Ausrichtung der Plattform sicher­zu­stellen.
  • Schutz: Durch die Kombi­nation aus Stiftung und Genos­sen­schaft könnten die gemein­nüt­zigen und unter­neh­me­ri­schen Ziele mitein­ander vereint werden, ohne dass die Software von einer einzelnen Organi­sation oder Einzel­person übernommen wird.

Fazit

Die beste Organi­sa­ti­onsform für dein Projekt hängt von deinen spezi­fi­schen Zielen ab, insbe­sondere wie du die Balance zwischen sozialer Ausrichtung, kommer­zi­eller Entwicklung und langfris­tiger Kontrolle der Software sicher­stellen möchtest. Eine Genos­sen­schaft oder eine Stiftung bieten starke recht­liche Rahmen­be­din­gungen, um die Kontrolle über die Software zu bewahren und gleich­zeitig die gemein­nüt­zigen oder sozialen Ziele zu fördern. Das Open-Source-Modell ergänzt dies gut, indem es Trans­parenz und Betei­ligung auf breiter Basis fördert.

Es wäre ratsam, sich mit einem Rechts­anwalt oder einem Experten für Unter­neh­mens­struk­tu­rierung in deinem Land zu beraten, um die am besten geeignete Lösung für dein Vorhaben zu finden.