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Produk­ti­vi­täts­stei­gerung durch KI?

Erwar­tungen und Realität

Eine aktuelle Unter­su­chung des AI‑Forschungs‑Nonprofit METR (Model Evaluation & Threat Research) kam zu dem Ergebnis, dass erfahrene Program­mierer, die bereits mit einer Code‑Basis vertraut sind, durch KI‑Hilfen nicht produk­tiver, sondern 19 % langsamer wurden – trotz der Erwartung einer 24 %igen Beschleu­nigung. Die Entwickler schätzten im Nachhinein selbst eine Verkürzung der Arbeitszeit um etwa 20 %, obwohl in Wirklichkeit das Gegenteil der Fall war (Reuters, METR).

📌 Kerner­geb­nisse der Studie:

  • Erwartete Zeiter­sparnis: – 24 %
  • Tatsäch­licher Zeitverlust: + 19 %
  • Gründe: Zeitaufwand für Prompting, Überprüfen und Korri­gieren der KI‑Ergebnisse (~9 % der Gesamtzeit).
  • Nur ca. 44 % der Vorschläge wurden übernommen (techradar.com).

Die Ergeb­nisse wurden in diversen Medien veröf­fent­licht, u. a. von Reuters, Business Insider und TechRadar .

Fazit: Eine reale Produk­ti­vi­täts­stei­gerung ist speziell im ersten Jahr der KI-Nutzung selbst für technik-begeis­terte Menschen nicht zu erwarten, wenn selbst erfahrene Software­ent­wickler immer wieder feststellen müssen, dass ihnen die ausrei­chende Erfahrung mit der Nutzung von KI noch fehlt, sich diese laufend verändert und sie weder die Zeit noch das zu inves­tie­rende Kapital haben, um sich entspre­chend neben dem Job ständig weiter­zu­bilden. Das ist heutzutage als KMU parallel zum laufenden Betrieb ohne Exper­ten­netzwerk für kleinere Firmen und “Univer­sal­ge­lehrte” praktisch nicht mehr zu stemmen.

Quelle: Eigene Erfah­rungen 2022 bis 2025 — Werner Noske, Initiator Solidara.net (im Ruhestand)

Was sind die Ursachen?

Eine weitere von Microsoft Öster­reich in Auftrag gegebene Studie zeigt das sehr deutlich, wenn man sie als erfah­rener Selbst­stän­diger mit Hausver­stand liest und nicht auf die großmun­digen theore­tisch machbaren Produk­ti­vi­täts­stei­ge­rungs­ver­sprechen für die Zielgruppe der kapital­starken Konzerne herein­fällt, die Microsoft natürlich als Zielgruppe im Auge hat und denen ein riesiges Einspa­rungs­po­tential durch die (US-ameri­ka­nische) KI versprochen wird.

Obwohl Abbildung 10 (Seite 15) der Studie zeigt, dass die Produk­ti­vität pro Mitar­beiter in Öster­reich bis 2022 konti­nu­ierlich zugenommen hat, wird das Wirtschafts­wachstum, auf dem alle Hoffnungen unserer Politiker in der EU beruhen, insgesamt eher immer schlechter (siehe Abbil­dungen 8 und 9, Seite 14).

Das liegt vor allem an der — bereits in mittel­großen Betrieben — völlig unter­ent­wi­ckelten Digita­li­sierung. Dazu kommen die Corona-Folgen, die in den Statis­tiken noch gar nicht berück­sichtigt sind. In Betrieben mit weniger als 10 Mitar­beitern, die die Masse der KMU in Europa ausmachen — und in Deutschland generell, sieht es wegen des fehlenden Eigen­ka­pitals und den insgesamt schlechten politi­schen Rahmen­be­din­gungen noch viel aussichts­loser aus als in Öster­reich — oder in vielen der osteu­ro­päi­schen Nachbar­länder, die mit dem EU-Beitritt ihre staat­liche Verwaltung und ihre wirtschaft­lichen Rahmen­be­din­gungen stark gestrafft und moder­ni­siert haben.

Wie man in Abbildung 17 auf Seite 30 der Studie sehen kann, sind die digitalen Grund­kom­pe­tenzen in der deutschen Bevöl­kerung im Vergleich zur Gesamt-EU deutlich unter Durch­schnitt und weit hinter Öster­reich. Da macht sich dann auch noch unser über Jahrzehnte kaputt refor­miertes Bildungs­system zusätzlich bemerkbar, das inzwi­schen nur noch mit der Integration von Migranten beschäftigt und völlig überfordert ist. Und das alles wird sich leider auch mit den geplanten Förder­maß­nahmen für die deutsche Wirtschaft kaum verbessern, die sich ja allein auf wenige Indus­trie­kon­zerne fokus­sieren und KMU-Dienst­leister komplett im Regen stehen lassen.

Fazit

Die große Abhän­gigkeit Europas von US-ameri­ka­ni­schen Software­lö­sungen in der Business-Software wird mit dem großflä­chigen Einzug der KI und dem enormen Know-How-Vorsprung der ameri­ka­ni­schen Großkon­zerne die Konkur­renz­si­tuation für kleine, lokale Unter­nehmen in Europa weiter verschärfen und den Überle­bens­kampf gegenüber kapital­starken Großkon­zernen von Jahr zu Jahr immer aussichts­loser machen.

Das einzige Konzept, als Selbst­ständige zu überleben, wird sein, sich mit vielen anderen Betrof­fenen zusammen zu tun und gemein­schaft­liche Lösungen in funktio­nie­renden Netzwerken gemeinsam zu entwi­ckeln, permanent Verbes­se­rungen zu testen bzw. von den immer weniger werdenden, noch verfüg­baren und gleich­zeitig bezahl­baren Fachkräften im Netzwerk aussuchen bzw. entwi­ckeln und zentral für alle supporten zu lassen. Dafür eignet sich für kleinere Firmen vor allem ein genos­sen­schaft­licher Ansatz — ähnlich wie ihn die Datev seit vielen Jahren in Deutschland für die Branche der Steuer­be­rater umgesetzt hat. Eigen­ständige Individual-Lösungen in einzelnen Firmen sind in Zeiten des Fachkräf­te­mangels in Zukunft immer nur schwer am Laufen zu haltendes Stückwerk und außerdem kaum noch bezahlbar.